Interviews zur Vergütungsstudie

Für die Erstellung der Studie Vergütung Energie 2016/17 wurden neben empirischen Befunden auch zahlreiche Interviews mit Führungskräften aus den unterschiedlichsten Bereichen der Energiewirtschaft geführt. Ziel der Interviews war insbesondere, die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Datensätzen differenzierter betrachten zu können. Im Folgenden finden Sie einige ausgewählte, aus unserer Sicht besonders interessante Gespräche.


Interview mit Dr. Kay Dahlke,
Geschäftsführer bei der UKA Meißen


Welche Rolle spielt die Vergütung bei der Gewinnung von Mitarbeitern?

Diese ist ein entscheidender Faktor, wenn auch vielleicht nicht mehr so dominant wie früher. Das Thema Homeoffice und die Begrenzung auf zwei Tage Anwesenheit wird immer wichtiger.

Die UKA hat Standorte in West- sowie Ostdeutschland. Was bedeutet das für das Gehaltsgefüge?

Wir haben in Ostdeutschland insgesamt um die 400 Mitarbeiter und in Westdeutschland rund 50 Mitarbeiter. In Westdeutschland haben wir bei den Sachbearbeitern und Gruppen-leitern, also bei der 2. und 3. Ebene, kein Problem gehabt. Da sind die Gehälter auch nicht höher als hier bei uns im Osten. Die Leitungspositionen in Westdeutschland haben wir überwiegend mit erfahrenen Mitarbeitern aus der UKA-Gruppe besetzt.

Welche Rolle spielen erfolgsbasierte Gehaltsbestandteile?

Die sind schon wichtig. Rein prozentual haben sie bei allen einen Anteil von mindestens einem Sechstel oder erheblich höher. Der erfolgsbasierte Anteil richtet sich nach dem Unternehmenserfolg bzw. dem Output der unterschiedlichen Gruppen. Bei uns verdienen die erfolgreichen Leute fast 60 Prozent ihres Gehaltes mit erfolgsabhängigen Anteilen.

Ist das auf den Vertrieb beschränkt oder gilt das auch für andere Bereiche?

Es geht eigentlich um die Projekterfolge, die erbracht werden.

Sehen Sie eine deutliche Veränderung im Engagement von Mitarbeitern, die Boni oder variable Vergütung erhalten?

Ja, bei uns bekommen alle einen Bonus. Die Tantieme ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Vergütung. Die Mitarbeiter nehmen ihren Beitrag für den Projekterfolg so deutlicher wahr.

Haben Sie auch auf Sachbearbeitungsebene individuelle Bonibestandteile?

Ja. Wir haben in unserer Projektentwicklung eine Vielzahl von Gruppen, die aus 3 bis 5 Leuten bestehen und am Erfolg der eigenen Gruppe partizipieren.

Wenn Sie die Vergütungsstrukturen in Ihrem Unternehmen frei von allen Restriktionen verändern könnten, was würden Sie machen?

Unsere Unternehmensgruppe hat in den letzten fünf Jahren stark expandiert, was mit einer Verdopplung der Mitarbeiterzahl und dem Aufbau sieben weiterer Standorte einherging. Hatten wir ursprünglich einen klaren hierarchischen Organisationsaufbau ist die Struktur inzwischen viel komplexer geworden. Aus der Historie heraus bekommt jede Ebene so und so viel. Inzwischen haben wir aber realisiert, dass wir beim Gehaltsgefüge für Spezialisten mehr Spielraum benötigen. Für einige Berufe mit anspruchsvolleren Aufgaben muss man einfach mehr zahlen.

Sie haben sowohl im kommunalen Umfeld gearbeitet als auch jetzt bei einem Projektierer. Was waren für Sie die größten Unterschiede, als Sie nach Meißen gekommen sind?

Es gibt einen Unterschied zwischen Konzernstrukturen und inhabergeführten Unternehmen. Entscheidungen werden in letzteren schneller getroffen und Entscheidungswege sind nicht so strikt formalisiert. Es ist schon sehr unternehmerisch geprägt. Bei dem Stadtwerkebereich ist der Ertrag auch wichtig, aber in der Regel werden Ziele formuliert.

Sehen Sie einen Unterschied in der Mentalität der Mitarbeiter?

Es ist schwer zu sagen, weil es im Stadtwerkebereich immer kleine Einheiten gab, wo die Leute mitgezogen haben, aber sonst herrscht bei den Stadtwerken eine behördenorientierte Struktur, wo jeder stärker an seinen Aufgaben hängt. Beim Projektierer ist dies flexibler. Es wird auch manchmal in Bereichen mit Engpässen quer ausgeholfen und die Strukturen sind nicht ganz so verfestigt. Der größte Unterschied ist, dass Betriebsräte in der Entwickler-branche keine Rolle spielen. Für die Unternehmensleitung ist natürlich auch alles etwas flexibler und einfacher.

Haben Mitarbeiter von kommunalen Arbeitgebern gute Chancen, wenn sie sich bei einem Projektierer bewerben?

Es geht um die konkrete Erfahrung. Wir haben den ein oder anderen schon mal eingestellt. Die haben dann in der Regel Projektentwicklung gemacht. Es geht nur darum, ob die Erfahrung da ist, die man braucht, und wo die gesammelt wurde.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für Projektierer in den kommenden Jahren?

Die größte Herausforderung für Projektierer wird in den kommenden Jahren darin bestehen, den im Zuge einer Halbierung des Umsatzes stärkeren Wettbewerb anzunehmen.

Erwarten Sie dann ähnliche Entwicklungen, wie es sie in der Solarbranche vor einigen Jahren gab, als viele Unternehmen in Insolvenz gegangen sind oder massiv Stellen abgebaut haben?

Ich glaube nicht, dass Projektentwickler in die Insolvenz gehen. Es muss eine Konsolidierung kommen, so dass die größeren Projektierer die kleineren übernehmen. Wenn Größere übernommen werden, werden diese meist an Energieversorger verkauft. Dies wird aber nicht flächendeckend der Fall sein, da sich die großen und erfolgreichen Projektierer in den letzten Jahren zu finanzstarken Unternehmen entwickelt haben, die schneller und flexibler als die Energieversorger sind. Der Preisverfall wird nicht so stark sein wie im PV-Bereich. Es wird zu Übernahmen kommen, Zusammenschlüssen oder engeren Kooperationen. Die meisten sind zudem schon im Ausland tätig. Uns als einem der TOP-3-Windparkprojektierer im deutschen Onshore-Markt kommt diese Entwicklung eher entgegen, da wir als Partner von anderen Projektieren gesucht werden.

Was bedeuten die Entwicklungen in der kommenden Zeit für die Beschäftigten bei Projektierern?

Die Anforderungen werden steigen durch den stärkeren Wettbewerb.

In welchen Bereichen wird die Nachfrage nach Mitarbeitern eventuell ansteigen?

In der Projektentwicklung, da die Projekte immer arbeitsintensiver werden. Der Aufwand wird durch das neu im EEG verankerte Ausschreibungsverfahren größer. Bei einigen Wettbewerbern sehe ich schon, dass durch regulatorische Ausbaubegrenzungen von Wind-energie ein aktiver Abbau in den betroffenen Bundesländern stattfindet. Die Leute gehen dann an andere Standorte.

Welche Mitarbeiter werden es aus Ihrer Sicht im Bereich der erneuerbaren Energien eher schwer haben?

Die schlechter ausgebildeten Leute. Die gut ausgebildeten Leute, die viel Erfahrung haben, werden es nicht so schwer haben. Mitarbeiter, die direkt aus dem Studium kommen, die werden wir zunehmend weniger einstellen. Wir müssen stark auf erfahrene Leute zurückgreifen mit entsprechender Berufserfahrung.

Was würden Sie einem jungen Menschen raten, der vor seinem Studium steht und sich für erneuerbare Energien interessiert?

Am besten, dass man die Ausbildung so praktisch, wie es geht, macht. Nicht sich zu stark einschränken. Ich würde immer etwas Klassisches studieren und Spezialerfahrung über Praktika sammeln oder Studentenjobs. Am besten ist, wenn man schon im Studium viele praktische Erfahrungen sammeln konnte.


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